Eine Analyse der aktuellen Studie zur wirtschaftlichen und sozialen Lage von Soloselbstständigen in der Kultur- und Kreativwirtschaft

Am 30. Januar 2025 wurde die umfangreiche Studie zur wirtschaftlichen und sozialen Lage von Soloselbstständigen und hybrid Erwerbstätigen in der Kultur- und Kreativwirtschaft veröffentlicht. Die Untersuchung, die im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sowie der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) erstellt wurde, bietet einen detaillierten Einblick in die wirtschaftlichen Herausforderungen, Chancen und sozialen Absicherungen von selbstständigen Künstlern. Die gesamte Studie kann hier heruntergeladen werden.

Musik als Beruf – eine riskante Leidenschaft

  • Rund 562.000 Soloselbstständige arbeiten in Kultur- und Kreativberufen, darunter eine erhebliche Zahl von Musikern.
  • Die Zahl der selbstständigen Musiker ist seit 2012 um 20% gesunken, insbesondere durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie.
  • Ein Viertel der selbstständigen Musiker verdient weniger als 1.000 Euro netto im Monat.
  • Frauen sind in der Branche oft schlechter gestellt: Sie verdienen im Durchschnitt 15% weniger als Männer, bei Vollzeit sogar 24% weniger.

Warum sind so viele Musiker selbstständig?

Viele Musiker wählen die Selbstständigkeit aus künstlerischer Freiheit, doch für viele ist sie auch eine Notwendigkeit. Feste Anstellungen in Orchestern, Musikschulen oder Veranstaltungsbetrieben sind rar. Viele arbeiten deshalb hybrid – also sowohl als Selbstständige als auch in einer Teilzeit-Anstellung, etwa als Musiklehrer.

Einkommensquellen: Mehrere Standbeine notwendig

  • Honorare aus Konzerten und Auftritten
  • Einnahmen aus Musikunterricht (z. B. private Musikstunden oder Lehraufträge an Musikschulen)
  • Tantiemen und Urheberrechte (z. B. Streaming, Plattenverkäufe)
  • Gagen aus Studioarbeit oder Begleitmusik
  • Kunst- und Kulturfördermittel – fast die Hälfte der Musiker hat in den letzten fünf Jahren eine Förderung erhalten.

Soziale Absicherung – Ein Drahtseilakt

  • Zwei Drittel der Musiker sind über die Künstlersozialkasse (KSK) versichert. Doch viele fallen durchs Raster, weil sie die Mindesteinkommensgrenze nicht erreichen.
  • Die Altersvorsorge ist ein gravierendes Problem:
    • Der durchschnittliche monatliche Rentenbeitrag beträgt nur 150 Euro.
    • 40% der Musiker haben keinerlei Rücklagen für das Alter.
    • Ein erheblicher Teil der Befragten geht davon aus, dass die Rente nicht zum Leben reichen wird.

Corona-Folgen: Ein tiefes Loch – und wenig Perspektive?

  • 82% der Musiker hatten im Jahr 2020 Einkommensverluste.
  • 60% der Befragten erhielten Corona-Hilfen wie die Neustarthilfe oder Mittel aus „Neustart Kultur“ – doch diese Hilfen sind ausgelaufen.
  • Viele Musiker haben in dieser Zeit ihre Selbstständigkeit aufgegeben oder sich beruflich umorientiert.

Was muss sich ändern?

  1. Bessere Bezahlung: Mindesthonorare als Bedingung für öffentliche Förderungen.
  2. Soziale Absicherung ausbauen: Leichtere Zugangsvoraussetzungen zur KSK und Rentenversicherung.
  3. Mehr Chancengleichheit: Stärkere Förderung von Frauen und jungen Musikerinnen und Musikern.
  4. Beratung und Weiterbildung verbessern: Mehr praxisnahe Angebote zu Steuern, Versicherungen und Selbstvermarktung.
  5. Kultur- und Wirtschaftsförderung gezielt verbessern: Langfristige Förderstrategien für eine nachhaltige Entwicklung.

Fazit: Leidenschaft allein reicht nicht

Musiker leisten einen unschätzbaren Beitrag zur Kultur in Deutschland. Doch ohne finanzielle und soziale Absicherung wird es immer schwieriger, von der Musik zu leben. Die Politik muss handeln – und Musiker müssen sich stärker vernetzen, um gemeinsam für bessere Bedingungen zu kämpfen.

 


Quellen:

Die vollständigen Ergebnisse der Studie sind unter folgenden Link abrufbar:
» Abschlussbericht der Studie

Die Zusammenfassung ist hier abrufbar:
» Kurzbericht der Studie

Sie liegt auch in leichter Sprache vor:
» Zusammenfassung der Studie in leichter Sprache